Oberhessischer Mundartabend in Rainrod

oberhessischer mundartabend / So sehen sie aus: die „rüstigen Friedhofsschnallen“ aus Ulfa.

VOM FEINSTEN 3. Oberhessischer Mundartabend ein voller Erfolg / Über 50 Akteure liefern breit gefächertes Programm

RAINROD – (co). Wolfgang Eckhardt, Moderator und Initiator des Mundartabends, zog von Anfang an das Publikum in seinen Bann. Auch diesmal hat er gemeinsam mit Elke Schmidt, Vorsitzende des Kultur- und Geschichtsvereins, Hans-Georg Lippert vom Kulturring Rainrod und dem Schottener Volker Rühl über 50 Akteure gewinnen können, die ein breit gefächertes Mundart-Programm lieferten.

 Vor Beginn des Abends und in der Pause spielte Karl-Heinz Appel aus Wolferborn volkstümliche Weisen auf der Knopfharmonika. Außerdem trugen Lothar Wingefeld, Hans Stein, Rainer Zelm, Edwin Würtz, Armin Theiß und Robert Pitz vom Männergesangverein Rainrod während des Programms Stimmungslieder vor.

Den ersten Programmpunkt bestritt Heinrich-Otto Adolph, das Sichenhäuser Urgestein, mit dem Vortrag über „De Hannes, der en Rudlaafsfänger woar“. Reinhard Kammer aus Borsdorf erzählte die Geschichte vom „Bärbsche und de Speckschwoarde“, das mit Hilfe einer Speckschwarte einen Mann fand.

Zum ersten Mal dabei war Edeltraud Klauer aus Ulfa dabei. Sie sinnierte über die Wirkung verschiedener Tee-Mischungen. Danach folgte der Liedvortrag „Die Fraa wolld uff die Kirmes gieh“, gesungen von der Schottenerin Anneliese Khatib-Shahidi, begleitet von der Ulfaerin Uschi Gottwald auf der Gitarre. Robert Pitz aus Rainrod trug das Gedicht „Vom täglich Brot vor“, in dem der Schüler dem Lehrer klar macht: „Vadder will Bier, kaa Brut!“ Margit Wallisch, ebenfalls aus Rainrod, stellte fest, dass „Neunzehnhundert Dickmilch“, vieles noch ganz anders war als heute.

In einem Sketch unterhielten sich Herfried (Hans-Georg Lippert) und Jochen (Hans-Georg Meisinger, beide aus Rainrod) über ihre herrschsüchtigen Ehefrauen. Jochen kommt zum Schluss, dass man „endlich mal auf den Tisch haue muss!“ Am nächsten Tag erscheint Herfried gut bombig gelaunt auf der Arbeit. Jochen schaut ihn erstaunt an. „Haste was genomme?“ Herfried gestikuliert mit den Händen und erzählt: „Gestern, uff de Hof, Haustür uffgetrete, in de Küch des ganze Geschirr aus em Schrank geschmisse“ … und so wütete er im Schlafzimmer weiter. Das Publikum brüllte vor Lachen. Jochen: „Unn, woas hot denn dei Fraa gesaat?“ Herfried: „Des wern ich sehe, wenn se moije hoim kimmt!“

Die Büdingerin Rotraud Morell erzählte eine Geschichte vom Landgrafen Ludwig, die sich während einer Jagd so zugetragen haben soll. „Waschtag wie früher“: Wie der Badetag früher in vielen Familien ablief, schilderte Brigitte Appel aus Wolferborn, bevor Uschi Gottwald ihre Gitarre hervorholte und zwei „Fäägmeel“-Lieder sang.

Die „Ilfer Friedhofsschnallen“ zeigten in ihrem Sketch die schon etwas betagten Damen Emma (Sonja Arnold), Paula (Andrea Schneider), Lisbeth (Sylvia Sauer) und Frieda (Stefanie Jüngling), die auf der Kirchenbank sitzen. Hauptgesprächsthema ist Paulas roter Hut, von dem Emma ganz begeistert ist.

Noch einmal erschien Reinhard Kammer auf der Bühne und verriet, was ein Ehemann erlebt, wenn er nach durchzechter Nacht „Noachts emm halwer drei“ plötzlich im ehelichen Schlafzimmer erscheint. Der nun folgende Vortrag des „Schötter Tourismus-Experten“ Helmut Buss, alias „Betzererer Hoinkbacke“, versetzte die Zuschauer in Begeisterung. Er erzählte vom „Schötter Mädche“ (Bürgermeisterin Susanne Schaab lachte) und von „de Frau Schmidt“ vom Heimatmuseum und hatte eine ganz eigene Version der Geschichte von Rosamund und Dichamund und ihrem Auftauchen in Schotten. Außerdem wusste er von vielen Prominenten zu berichten, die schon in Schotten weilten.

„Birnen schälen bei Waltersch“ hieß das von der Mundartgruppe Eichelsachsen geschriebene und aufgeführte Stück. Nacheinander fanden sich die Nachbarinnen (Marina Endisch, Irmgard Weber, Karin Schröder, Karin Zinnel und Anna Pfeffer) bei „Waldersch“ Berta (Brunhilde Weber) ein, um zusammen die „Glockebiirn“ zu schälen. Dann erschien noch die Dorfschneiderin „Ritschi“ (Hannelore Link), die gleich an Ort und Stelle der Berta „de Rocksaum vom goure Sonndogsklaid stecke wollt“. Diese Geschichte soll sich im Herbst 1950 bei „Waldersch“ tatsächlich so zugetragen haben.

Robert Pitz beschrieb „Die Radikalkur“, die bei Bauer und Pferd durchgeführt wurde. Über den Urlaub mit seiner Frau sprach der Schottener Herbert Stoll in „Urlauber an der Nordsee“.

Der von der Eichelsächser Fastnacht bekannte Dietmar Weber alias Didi erzählte eine „Adventsgeschichte“ über ein altes Mütterchen und das Finanzamt. In dem „Gaaßenner Sketch“ berichteten Gisela Gremlica und Jan-Philipp Anke aus Geiß-Nidda über einen Schmied, der als Geist sein Unwesen trieb. Karin Bach aus Ulfa, Preisträgerin des Wetterauer Mundartwettbewerbs, hatte ihre liebe Mühe als „Oma, die die Computersprache nicht versteht“.

Jetzt folgte noch ein Sketch mit dem Titel „Knecht und Bauer“. „De Ecke-Bauer (Hans-Georg Lippert) aus Einartshause woar en Kur.“ Sein Knecht Kall (Hans-Georg Meisinger) rief ihn an, erzählte – Inhalt gekürzt – dem Bauern das Folgende: „Kuh tot, weil Balken drauf gefallen, weil Scheune abgebrannt, weil Funkenflug, weil Wohnhaus abgebrannt, weil Kerze umgefallen, weil Kerze angemacht, weil Frau tot.“ Pause. Dann Bauer energisch: „Kall! Ich hat dir doch gesaat, dou sollst mich nur oruffe, wann wirklich woas Schlemmes passiert ess.“

Zum Abschluss sangen der 19-jährige Jan-Philipp Anke und der 20-jährige akkordeonspielende Marvin Lehmer „Die Runkelroiwe-Robbmaschin“.
 
Quelle: Alles uff Platt unn Spaß dabei (Kreis-Anzeiger, 22.11.2016)
Fotos: Ostheim

Reise in die 60er Jahre

RAINROD – (det). „Shake Hands“, die 60er-Jahre-Schlager-Zeitreise des Musiktheaters Bellevue, war tatsächlich ein amüsanter Brückenschlag über ein halbes Jahrhundert. Schon vor zwei Jahren waren Gabriele Russ (Gesang, Gitarre), ihr Ehemann Alexander (Schlagzeug) und Hündin Lissy auf Einladung des Kulturrings nach Rainrod gekommen und hatten das Publikum in die 50er Jahre entführt.

„Alles ist aus den 60ern: die Musik, die Werbung und ich selber auch. Ich bin damals ohne Haare geboren worden, inzwischen sind sie auch schon wieder weg“ – verschmitzt, wie gewohnt, brachte der Kulturring-Vorsitzende Hans Georg Lippert die 70 Besucher schon bei der Begrüßung zum Lachen. Christine Lippert servierte in der Pause Bretzeln und griechisches Brot mit Kürbis-Ingwer-Dip samt heißem Apfellikör.

Gabriele kam im rot getupften Kleid, Alexander im Dinnerjackett mit Fliege auf die Bühne – die Mode von damals spielt in der Revue auch eine Rolle. „Wir stehen für handgemachte Musik“, war zu hören, und tatsächlich brachten die beiden auf der Bühne die Schlager ebenso unplugged wie mitreißend rüber. Da war Adamos Herzschmerz-Titel „Es geht eine Träne auf Reisen“ zu hören, Drafi Deutschers „Marmor, Stein und Eisen bricht“ tropfte in die Zuschauerohren und die „Zwei kleinen Italiener“ erinnerten an Conny Froboess und die Grand-Prix-Bewerbung von 1962.

Längst hatte das Publikum angefangen, mitzuklatschen – und mitzusingen. Dazwischen kam die Werbung von damals, Spots von Langnese, Ata, Persil, die Einladung, Pfefferminzbonbons zu lutschen und zu „Vivil-ieren“. Lissy gab Lassie, den Fernsehhund. Es folgten Titel von Manuela, die so kess dem Bossanova die Schuld zuschob und das „Knallrote Gummiboot“ der „musikalischen Gastarbeiterinnen“ Gitte Haenning, Wencke Myhre und Siw Malmwist. Die Zuhörer mochten das Ende der Revue nicht hinnehmen. „Noch was von Catarina Valente“, war es aus em Publikum zu hören und schon erklangen von „Ganz Paris träumt von der Liebe“ bis zum „Itsy-bitsy-teenie-weenie-Honolulu-Strandbikini“ die beliebtesten Titel der attraktiven Italienerin als Medley.
Quelle: Reise in die 60er Jahre (Kreis-Anzeiger, 21.10.2015)